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Internetcafe

Philipp Lenssen [PersonRank 10]

Saturday, October 23, 2004
19 years ago

I recently translated my grandfather Gerhard Lenssen's Internet Cafe story. [ http://blogoscoped.com/archive/2004_10_20_index.html#109830508411515933] Here is his German original.

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Gegenüber dem 700 Jahre alten mittelalterlichen Städtchen Bernkastel an der Mosel treffen sich allmonatlich in der dortigen Seniorenakademie so an die acht, zehn oder manchmal bis zu zwölf ältere Semester beiderlei Geschlechts zum Internetcafe. Was bewegt sie dazu? "Ich will endlich kapieren, was mein Enkel da am Computer macht", "da soll man doch Zugverbindungen raussuchen können", "mein Sohn ist in USA und möchte mit mir nur noch übers Internet in Kontakt bleiben", " wie geht das eigentlich, homebanking?" sind so einigen Begründungen; aber auch einfach ganz schlichte Neugier gepaart mit einem kleinen Schuss Selbstvertrauen lässt manche(n) kommen.

"Wer hat denn überhaupt keine Ahnung" frage ich meist als erstes. Und da melden sich immer welche. "Also, dann bitte, setzen Sie sich gleich hier vor den Bildschirm und die Tastatur". Würde ich keyboard sagen, hätte ich alle schon verschreckt – in dem Lebensalter ist englisch für fast alle abschreckend. Es braucht immer eine ganz schöne Zeit Überredung, bis dann der oder die Betreffende bereit ist, diesen gefährlichen Platz einzunehmen, und wenn sie's dann tun, immer mit viel Beteuerungen, dass sie wirklich nicht die geringste Ahnung haben. Ich sag ihnen dann aber, wenn ich was vormache und erkläre und sie nur zugucken, bringt ihnen das garnichts; dann rauscht alles nur vorbei und der letzte Funke Selbstvertrauen ist auch weg. Die einzige richtige Methode, meiner Meinung nach, ist 'learning by doing'. Also sag ich jeden Handgriff, aber hüte mich, irgendwas selbst zu machen. Da alle anderen via beamer verfolgen könne, was da abläuft, wird's auch keinem langweilig. Oft sage ich, jetzt wollen wir mal sehen, ob Sie nicht auch im Internet sind. "Ich?? wie das: Ich hab damit doch noch nie was zu tun gehabt". Also, googeln wir mal, und, mehr als einmal, bums, da kommt der eigene Namen inclusive korrektem Vornamen. Oft sind's zwar andere Leute, aber interessant ist's dann jedesmal, wenn festgestellt wird, das da auf der Welt noch andere gleichnamige rumlaufen. Einer war mal perplex, dass er sogar mit voller Adresse drin stand. Der war Kassierer bei einem Sportverein, und war dadurch ohne sein Wissen reingesetzt worden. Mir kam's so vor, dass er irgendwie ein bisschen stolz darauf war.

Zwischendurch wird dann Kaffee getrunken, und erzählt, welche Computererlebnisse die einzelnen schon hatten, und wer hatte nicht auch schon welche. Bei vielen war ich dann anschließend zuhause und versuchte ihren PC-trouble zu beenden; oft mit Erfolg, einmal leider nicht.
Für uns alle jedenfalls eine schöne Nebensache.

Morgen geh' ich mit einer 83jährigen Dame ein Notebook kaufen. Vor Jahren schrieb mir mal eine 70jährige aus Kanada, die ging am Krückstock, sie hätte sich einen Computer gekauft, und der Verkäufer hätte immer gefragt, was sie damit machen wolle. Schließlich wäre es ihr zu dumm geworden und sie hätte mit dem Stock auf den Tisch geschlagen und gesagt 'ich will einen Computer kaufen, und Sie haben mir zu sagen, was ich mit dem verdammten Ding machen kann'.

In der neuen Welt gehen die Menschen wohl unbefangener an die Dinge.

Philipp Lenssen [PersonRank 10]

19 years ago #

My grandfather tells another story.

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Über eine senior-penpal-Vermittlung in Canada kam ich schon vor Jahren per Internet mit einigen Leuten in Kontakt, der bis zum heutigen Tage fortbesteht. Einige sind wieder abgefallen, aber der harte Kern besteht außer mir noch aus einem Amerikaner, ehemaliger Offizier, in Texas, einem Ex-Bankbeamten in Finnland, einer Australierin und einem chinesischen Ingenieur, den ich mal in Deutschland kennen gelernt habe.

Die Australierin machte vor ein paar Jahren mit ihrem Mann eine Weltreise, dabei auch eine Flusskreuzfahrt auf dem Rhein und der Mosel von Mainz nach Trier. Über eine Nacht lag das Schiff in meinem Wohnort Bernkastel an der Mosel. Ich hatte mit ihr ausgemacht, dass wir uns dabei treffen und persönlich kennen lernen wollten.

Zum festgelegten Termin lag das Schiff auch tatsächlich hier, und ich ging hin und fragte nach ihr. Kurz darauf kam sie freudestrahlend auf mich zu und sagte mir, ich müsse sofort mit ihr auf's Oberdeck gehen, wo die anderen Passagiere in der Sonne lagen. Oben angekommen rief sie "alle mal aufpassen! hier ist mein Internetfreund Gerhard, jetzt seht ihr, dass es den wirklich gibt!"

Sie hatte den anderen Passagieren schon allen erzählt, dass sie sich in dem kleinen Ort mit einer Internetbekanntschaft treffen würde, aber keiner hat ihr das so recht geglaubt. Nun stand also der lebende Beweis allen vor Augen.

Ich lud sie dann mit ihrem Mann zu einem schönen Moselwein abends zu uns nach hause ein. Kaum angekommen, stüzte sie an meinen Computer und holte aus dem Internet ihre letzten emails ab. Sie war nämlich gerade zum erstenmal Großmutter geworden und erfuhr so, wie es ihrem Enkelkind ging. Natürlich haben wir alle auf die Gesundheit des neuen Erdenbürgers getrunken. Am nächsten Morgen setzte sie ihre Weltreise fort, aber wir emailen uns regelmäßig weiter.

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