Tuesday, October 4, 2005

Wie Was.Wir.Wissen Funktioniert (German)

Ich hab jetzt das neue Buch von Benjamin von Stuckrad-Barre in der Hand – Was.Wir.Wissen – und wollte mir anschauen, wie genau er denn Google benutzt, um zu seinen Antworten zu kommen. Hier ein Beispiel von Seite 13, wo es losgeht:

“Was ist nicht von schlechten Eltern?

Die Frage, ob die ersten Menschen auf der Welt Kinder oder Erwachsene waren.

Das Aroma ders Bärlauchs. Je mehr Risse und Knicke im Blatt sind, desto stärker strömt es aus.

Die Fernsicht von der Alpenvereinshütte Hannoverhaus (2722 m) (...)

Stefan Kesslers Appetit

Harald Schmidts ARD-Schal”

Wie kommt der Mann nur an seine Antworten? Eine Suche nach “Was ist nicht von schlechten Eltern?” hat vermutlich zum Zeitpunkt, als das Buch entstand, keine Treffer gelandet. Heute liefert es, in Heisenberg-Manier, Rezensionen von “Was.Wir.Wissen."*

*Für jene, welche die Randbedeutung der gewählten Alliteration “Was.Wir.Wissen” nicht verstehen, umrahmt der Titelgestalter nochmal die Anfangsbuchstaben WWW, die eben auch “World Wide Web” abkürzen. Die Punkte im Titel wiederum trennen wie beim Domainnamen die Einzelteile, also nochmal eine Andeutung aufs Internet.

Stuckrad-Barre wird im Klappentext des Buchs als “Suchmaschinist” bezeichnet und tatsächlich wendet er einen guten Trick an. Um auf jede Frage in einer Suchmaschine eine Antwort zu finden, muß man nur ebendiese Frage in einen Antwortsatz umwandeln. Jetzt entfernt man einfach den Kernteil, und startet eine Phrasensuche in Google und anderen Maschinen. Im Suchergebnis stehen nun die Antworten.

Ein Beispiel: uns interessiert, wann Albert Einstein geboren ist.** Wir formulieren das ganze als Frage, “Wann wurde Albert Einstein geboren?” und stellen nun den Satz zur Antwort um, als “Albert Einstein wurde geboren am ...” oder auch “Albert Einstein wurde am ... geboren."***

**Wir sehen jetzt mal davon ab, dass diese Frage von Google direkt und korrekt beantwortet wird mit der sog. “Q&A“-Technik als “OneBox"-Resultat, wenn man “When was Albert Einstein born?” eingibt.

***Man kann die Worte sogar automatisch durcheinander würfeln, und am Ende den Satz mit der höchsten Trefferzahl als “gültigen” anerkennen. Das mache ich auf FindForward, wenn man “Frage stellen” auswählt.

Nun kann man das Prinzip auch an obigem Zitat prüfen. Dort steht “Harald Schmidts ARD-Schal.” Das hat schonmal 0 Ergebnisse bei Google. Aber wenn wir nach ["ist nicht von schlechten eltern"] suchen, stoßen wir auf folgenden Schnipsel (der auf einen Bloggeintrag von “Koestebek” verweist):

Und das ist der ganze Trick. Das natürlich auf 269 Seiten durchzuhalten, ist eine andere Sache, und bestimmt nicht einfach. Hier sieht man, dass Struckrad-Barre sehr von der Idee überzeugt ist, und ich muß zustimmen. Natürlich ist das ganze auch eine Reaktion auf Faktensammlungen im Stil von “Bildung - Alles, was man wissen muß” von Dietrich Schwanitz. Aber so eine Reaktion allein löst kein Buch aus. Nein.

Stuckrad-Barre glaubt an Google, und die virtuelle Welt dahinter – zumindest in ihrem Wert, die reale Welt (so wichtig oder trivial sie nun mal ist) abzubilden. In all ihren Facetten, aber oft auch nur Facettenhaft... genau wie eine Suchergebnisseite. Und wo findet man schneller gesammeltes Weltwissen, als bei Google? (Also das, was die Welt so weiß, oder meint zu wissen, denn es geht im Buch um Meinungen, und nicht unbedingt um das faktisch korrekte.) Stuckrad-Barre archiviert hier den Bewußtseinszustand, wie er sich im Netz Anfang des Jahrtausends wiederspiegelt. Das mag fur zukünftige Generationen, und auch schon für uns heute, interessant sein. Und das ist doch schonmal nicht von schlechten Eltern.

Wie Was.Wir.Wissen Funkti ... by Philipp Lenssen | Comments (0)

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